Leseliste, Forschungsideen

Ich habe mein Arbeitsthema rückgeführt auf eines, das mich ursprünglich bewegt hat und auch ausschlaggebend für meine Drehbuchtexte waren: die Vermarktung und Fetischisierung von psychischen Krankheiten bei Frauen, die mir bereits in vielen Filmen unangenehm aufgefallen ist und meine eigene Entwicklung als Künstlerin stark beeinflusst hat. Dieser Zwang zur Selbstdarstellung, nicht als Selbstzweck sondern als Performativität einer erlernten Weiblichkeit, ist letztendlich Hauptmotor meiner filmischen Arbeit. Um mein Wissen in diese Richtung zu erweitern, habe ich die folgenden drei Bücher aus der Universitätsbibliothek entlehnt: Female Forms: Experiencing and understanding disability (Carol Thomas), Diversity in Disney Films (Johnson Cheu), Transgressive Bodies (Niall Richardson). Ich möchte auf diese Weise eine wissenschaftliche Arbeitsgrundlage für Filmanalysen (möglicherweise Body & Soul – der Film, der mich zu dem Thema inspiriert hat) und die Weiterentwicklung meines Drehbuches schaffen.

Zu den anerkannten Beeinträchtigungen zählende psychische Krankheiten, deren Leidtragenden die Teilnahme am alltäglichen Leben durch soziale Hürden und systematische Ausgrenzung erschwert wird, wie es gemäß dem „social model of disability“ formuliert ist, werden auch im Film zum Opfer teils sexuell angehauchter Ausnutzung. Ist die Verwendung von weiblichen Charakteren mit psychischen Krankheiten in der Filmkunst eine lediglich als Inklusivität getarnte Fetischisierung? Allgemein kann man diese Frage nicht beantworten, aber ich möchte mich ihr anhand von Beispielen und wissenschaftlichen Arbeiten nähern.

Die Notwendigkeit der Filmanalyse im Sinne der representation studies ergibt sich aus der fehlenden Nähe Betroffener zu anderen – Internet und Fernsehen sind für viele der erste und häufigste Berührpunkt mit Menschen, die unter einer bestimmten Beeinträchtigung leiden (s3 Transgressive bodies). Diese Berührpunkte gestalten sich in der heutigen Medienlandschaft divers, zum größten Teil als Folge moderner Marketingstrategien aber auch durch die Nutzung allgemein zugänglicher Kanäle von authentischen Repräsentativen. In Transgressive Bodies behandelt Niall Richardson auch die Art der Fehldarstellung, die nicht von einer Angst vor dem non-normativen Körper rührt, sondern bei der die Macht der kontemporären Kultur, den Körper zu formen als Sensation im Augenmerk steht. Ich denke, dieses Prinzip lässt sich auch auf den Geist ausweiten: viele Werke lassen die Krankheit selbst in den Hintergrund rücken, im Fokus steht der Auslöser der Krankheit oder die Bedeutung ihrer Symptome für eine Geschichte. So wird der Suizid der Mädchen in „Virgin Suicides“ zu einer Errungenschaft, einer fast magischen, bewundernswerten und doch mysteriösen Tat, während der Suizid von Jackson in „A star is born“ ein einschneidendes, traumatisierendes Erlebnis darstellt. In „On body & soul“ wird Márias Autismus inhaltlich mit der Schwäche und Verzweiflung in ihrer sonderbaren Liebesbeziehung mit Endre synonymisiert. Gerade um populäre Filme wie “Virgin Suicides” oder Serien wie “13 reasons why” bilden sich online Subkulturen, die die Charaktere im Film romantisieren. Was sind die genauen Unterschiede einer verherrlichenden und einer “gerechten” Darstellung einer psychischen Krankheit? Gibt es statistisch Unterschiede zwischen der Behandlung von männlichen und weiblichen Figuren in diesem Bereich?

In „Transgressive Bodies“ beschäftigt sich Niall Richardson unter anderem mit der kontroversen Körperintegritäts-Identitätsstörung – der krankhafte Wunsch, eine körperliche Behinderung zu erlangen. Gibt es Parallelen die beim Erschließen der Subkulturen die sich um psychisch kranke Filmfiguren drehen helfen können?